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Die Einziehung von Vermögenswerten in Fällen transnationaler Unternehmensbestechung : Rückführungsversprechen und Umsetzungslücken: eine normative Analyse und empirische Untersuchung der Praxis auf Bundesebene

Author(s)
Capus, Nadja  
Chaire de droit pénal et de procédure pénale  
Mbyiavanga, Stefan
Date issued
December 3, 2025
In
Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht
Vol
online first
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1
To page
24
Abstract
Die Einziehung von Vermögenswerten in Fällen transnationaler Unternehmensbestechung hat sich in der schweizerischen Strafverfolgungspraxis zu einem zentralen Instrument der Korruptionsbekämpfung entwickelt. Im Zentrum der folgenden Untersuchung steht die Frage, wie mit durch aktive Auslandsbestechung (Art. 322 i. V. m. Art. 102 Abs. 2 StGB) erlangten Vermögenswerten umzugehen ist. Die Strafverfolgungsbehörden müssen diese Werte einerseits einziehen (Art. 70 Abs. 1 StGB) und andererseits entscheiden, ob sie der Eidgenossenschaft verbleiben oder dem geschädigten Auslandsstaat rückerstattet werden sollen.
Staaten, deren Amtsträger bestochen wurden, gelten heute als unmittelbar geschädigte «Opferstaaten». Ihre Entschädigung wird zunehmend erwartet und ist international rechtlich gestützt. So verpflichtet die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC), welche auch die Schweiz ratifiziert hat, zur Rückgabe unrechtmässig erlangter Vermögenswerte (Art. 35 und 53 ff. UNCAC). Diese Pflichten betreffen auch die Rückgabe und Entschädigung der Opferstaaten. Eine solche Entwicklung zeigt sich besonders bei einvernehmlichen Einigungen zwischen der Strafverfolgungsbehörde und den beschuldigten Unternehmen, etwa den Deferred Prosecution Agreements (DPAs): In England und Wales sind Strafverfolgungsbehörden verpflichtet, im Rahmen solcher Vereinbarungen eine Opferentschädigung zu prüfen. In Kanada müssen Unternehmen angemessene Anstrengungen zur Opferidentifikation unternehmen. In Frankreich wird die Rolle der Opfer seit 2023 normativ gestärkt, und Nichtregierungsorganisationen erhalten Parteistellung. Auch die EU greift das Thema auf: Seit Mai 2024 gilt eine neue Richtlinie zur Vermögensabschöpfung (2024/1260/EU), die Mindestvorgaben für Sicherstellung, Verwaltung und Einziehung vorsieht. Eine Rückgabepflicht enthält sie jedoch nicht.
Schliesslich ist auch in der Schweiz das Bewusstsein für diese Problematik gewachsen. Dies zeigt sich in parlamentarischen Vorstössen , in Rückführungsregelungen bei Rechtshilfeverfahren sowie in der verwaltungsrechtlich verankerten «Asset Recovery»-Strategie zu PEP-Geldern. Diese betrifft jedoch nicht die hier untersuchte Einziehung von Vermögenswerten aus aktiver Auslandsbestechung durch Unternehmen im Rahmen von Strafverfahren. Die Unterscheidung zwischen strafrechtlicher und verwaltungsrechtlicher Rückführung wird zunehmend kritisiert. Seit 2024 ist eine gesetzliche Änderung geplant, die dem Bundesrat ermöglichen soll, unrechtmässig erworbene PEP-Gelder unabhängig vom Verfahrensweg der Bevölkerung eines fremden Staats zuzuweisen. Diese Regelung bleibt jedoch auf Fälle passiver Bestechung beschränkt und ist nicht auf Unternehmensbestechung anwendbar.
Vor diesem Hintergrund interessiert die bundesstrafrechtliche Praxis der Einziehung in Unternehmensverfahren wegen Auslandsbestechung. Im Zentrum dieses Beitrages steht die Anwendung von Art. 70 und 71 StGB sowie die Zuweisung nach Art. 73 StGB (II). Aspekte direkter Wiedergutmachung (Art. 48 lit. d und Art. 53 StGB) werden nicht behandelt. Trotz der Reform des stark kritisierten Art. 53 StGB im Jahr 2019 bleibt dessen Anwendung auf Unternehmen zwar grundsätzlich möglich, wurde jedoch bereits 2017 durch die Bundesanwaltschaft ausgeschlossen – unter Verweis auf das Strafverfolgungsinteresse des Opferstaates, das in der Praxis, wie nachfolgend aufgezeigt, jedoch keine Beachtung fand.
Kapitel III präsentiert die empirische Auswertung aller zwölf Strafbefehle der Bundesanwaltschaft (2011–2024) betreffend Art, Umfang und Abschöpfung der Bestechungsgewinne. Kapitel IV diskutiert die Befunde kritisch, insbesondere die Diskrepanz zwischen gesetzlichem Rahmen und Vollzugspraxis: In keinem Fall erfolgte eine Rückgabe an einen geschädigten Staat, obwohl dies rechtlich möglich gewesen wäre.
Die Frage nach der Verwendung rückgeführter Gelder im Empfängerstaat und dem damit verbundenen Veruntreuungsrisiko betrifft eigenständige völkerrechtliche und entwicklungspolitische Problemlagen. Diese können im vorliegenden Beitrag nicht vertieft behandelt werden.
Project(s)
RevACLaw - Revamping Anticorruption Criminal Law - La refonte du droit pénal anticorruption  
Publication type
journal article
Identifiers
https://libra.unine.ch/handle/20.500.14713/99745
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